Das Erzbistum Paderborn bereitet sich auf die Zukunft vor. Weniger Pfarreien, mehr Miteinander und neue Orte für Seelsorge.

Unter dem Motto „Glauben gemeinsam gestalten“ hat Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz eine grundlegende Transformation der Strukturen im Erzbistum Paderborn angekündigt. Die Neuausrichtung soll das kirchliche Leben bis zum Jahr 2040 auf veränderte gesellschaftliche und personelle Rahmenbedingungen vorbereiten.
Eine herausfordernde Ausgangssituation
„Wir treten ein in eine Zeit gemeinsamer, mutiger und schöpferischer Unsicherheit“, so die Worte des Erzbischofs bei der Vorstellung der neuen pastoralen Gesamtlandschaft. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von derzeit rund 1,3 Millionen Katholiken wird die Zahl weiter sinken. Noch dramatischer ist die Entwicklung beim Seelsorgepersonal: Von aktuell 751 Priestern werden im Jahr 2040 nur noch etwa 100 im aktiven Dienst sein.
„Verlässliche Seelsorge kann nicht mehr an jedem Kirch-Ort sichergestellt werden.“
Diese Entwicklung macht tiefgreifende Veränderungen unumgänglich. „Verlässliche Seelsorge kann nicht mehr an jedem Kirch-Ort sichergestellt werden“, heißt es seitens der deutschen Bischöfe. Gleichzeitig betont Erzbischof Bentz: „Unser Platz ist bei den Menschen. Wie Nähe vor Ort konkret wird, hängt von den jeweiligen Situationen, Bedürfnissen und Erfordernissen in den Seelsorgeräumen ab.“
So soll Kirche künftig vor Ort funktionieren
Das Bistum setzt auf einen zweigleisigen Transformationsprozess, der sowohl die Pastoral als auch die Verwaltung umfasst. Kernelemente der neuen Struktur sind:
- Seelsorgeräume statt Pfarreien: Anstelle der bisherigen rund 600 Pfarreien werden maximal 25 Seelsorgeräume entstehen, die aus jeweils ein bis drei Pfarreien bestehen. Diese neue Grundstruktur soll bis Mitte 2026 umgesetzt werden.
- Pastorale Zentren und verlässliche Orte: In jedem Seelsorgeraum wird es ein Pastorales Zentrum mit umfassendem Angebot geben, ergänzt durch lokale „verlässliche Orte“, die hauptsächlich durch ehrenamtliches Engagement getragen werden.
- Gemeinsame Leitung: Die Seelsorgeräume werden nicht mehr von einem Pfarrer allein, sondern von einem Leitungstrio geführt, bestehend aus Pfarrer, Pastoraler Koordination und Verwaltungsleitung.
- Investition in Ehrenamt: Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Förderung und Qualifizierung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die künftig eine noch stärkere Rolle im kirchlichen Leben übernehmen sollen.
- Dezentrale selbstorganisierte Initiativen: Die neue Struktur soll Raum bieten für vielfältige neue Formen kirchlichen Lebens, auch außerhalb traditioneller Kirchengebäude.
Reaktionen auf die Reform
Die Ankündigung hat in der Öffentlichkeit bereits für kontroverse Diskussionen gesorgt. Die Westfalenpost titelte „Schock im Erzbistum: Paderborn löst die Kirchengemeinden auf“ und berichtete über Befürchtungen, dass die lokale Nähe der Kirche verloren gehen könnte. Kritische Stimmen wie die der Kulturredakteurin Monika Willer fragen, warum nicht alternative Wege beschritten werden, etwa die Öffnung des Priesteramtes für Frauen.
Erzbischof Bentz betont dagegen die Chancen: „Unterhalb dieser neuen Strukturen entsteht ganz viel neuer Spielraum zum Gestalten. Es geht um flexiblere Formen, um an einzelnen Orten präsent zu sein.“
Zeitplan und Beteiligung
Der vorgesehene Zeitplan ist ambitioniert:
- 2025: Umfassende Informations- und Resonanzphase
- 2026: Umschreibung der Seelsorgeräume mit eigenständigen Profilen
- Ab 2027: Umsetzung mit Errichtung der Seelsorgeräume und Fusion von Kirchengemeinden
Generalvikar Michael Bredeck betont, dass der Wandel gemeinsam gestaltet werden soll: „Die Fusion der Pfarreien bedeutet nicht, dass die Gemeinden verschwinden. Die Menschen bleiben ja am Ort wohnen.“ Für die Beteiligung der Gläubigen sind verschiedene Formate vorgesehen, darunter Regionalkonferenzen, digitale Podien und eine Informationshotline.
Taufberufung und Synodalität als Leitprinzipien
Die Bistumsleitung versteht den Prozess als Teil einer geistlichen Transformation, die auf biblischen Grundlagen aufbaut. Nach dem Vorbild des Philipperbriefs soll die Kirchengemeinschaft durch gegenseitiges Zuhören und geteilte Verantwortung geprägt sein.
„Wo und an welcher Stelle welche Form von Kirche gelebt wird, das ist ein sehr lebendiger Prozess.“
Erzbischof Bentz
„Auch in Zeiten des Wandels verkünden wir: Das Evangelium verändert Leben und kann Menschen Sinn und Orientierung geben“, heißt es in den Grundbotschaften. Die Kirche bleibe – in neuen und bewährten Formen.
Ob diese Transformation die gewünschte Wirkung entfalten wird, muss sich in der Praxis zeigen. Eines steht jedoch fest: Das Erzbistum Paderborn hat sich auf einen Weg gemacht, der Mut zum Aufbruch und zur Veränderung erfordert – getreu dem Motto „Alles vermag ich durch den, der mich stärkt.“ (Philipperbrief 4,13)
Andreas Beer
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